Wann haben Sie das letzte Mal in den Himmel geschaut? Den Himmel betrachtet? Das Farbenspiel genossen?

Ich geniesse es in den Himmel zu schauen und zu staunen: Schwalben, die in der Höhe segeln, die Blätter der Laubbäume, die im Wind zittern, ein Mäusebussard, der kreist, Blitz und Donner, die schwere Regentropfen mit sich bringen, die Feldlerche, die im Flug über mir singt, leuchtendes Abendrot, schwebende Blumensamen, ein roter Erdbeermond, die geheimnisvolle Milchstrasse und die warme Sonne. Ich kann mich kaum satt sehen, an allem Schönen, das um uns und über uns ist.

Auch Kinder schauen sich gerne den Himmel an und machen sich Gedanken. Ein Kind sagt zu seiner Mutter: „Mami, der Himmel ist doch da oben?“ – und es zeigt in die Luft. „Welchen Himmel meinst du?“ fragt die Mutter. „Den Himmel eben“, sagt das Kind. „Meinst du den Himmel, an dem die Wolken sind und wo die Flugzeuge fliegen?“ fragt die Mutter weiter. „Nein, den richtigen Himmel“, antwortet das Kind, „wo die Engel sind.“ Da sagt die Mutter: „Der Himmel, den du meinst, ist dort, wo Gott ist, und Gott ist überall. Deshalb ist auch der Himmel nicht irgendwo über uns, sondern überall – in uns und um uns herum. Wir können ihn nur noch nicht sehen.“ Mir kommt dabei ein Lied von Andrew Bond in den Sinn. Wo isch Gott? Im Himmel. Wo isch das? Überall. Wo Mänsche mitenand uf Gott vertroued, wo Mänsche fürenand sin Himmel boued. … Wo Mänsche mitenand de Himmel sueched…

Auch ich suche den Himmel, wenn ich mich frage: Wo ist der andere Himmel, der Himmel aus dem Jesus kam und der Himmel, in den er als ganzer Mensch, nicht nur als Geist, wieder aufgestiegen ist? Vielleicht muss ich nicht nach dem Himmel fragen. Denn Gerhard Ebeling ist überzeugt: „Nicht wo der Himmel ist, ist Gott, sondern wo Gott ist, ist der Himmel.

Auch Tina Willms hat sich in ihrem Buch „Am Wegrand: ein Wunder“ Gedanken über den Himmel gemacht. Sie schreibt: Könnte es sein, dass das weite, unendliche Blau über uns Metapher und Sinnbild ist für das Zelt eines Gottes, der grösser ist als alles, was Menschen erforschen und fassen können? Nicht Zählen und Messen, Wissen und Begreifen sind die Weisen, mit denen wir diesen Gott wahrnehmen. Im Ahnen und Staunen, Einfühlen und Lieben begegnet er uns auf unverfügbare und doch verlässliche Weise. Himmel: ein unzulängliches Menschenwort für das weite Herz Gottes und sein überbordendes, unendliches, pulsierendes Leben.

Mich berühren diese Worte, sie fassen meine Gedanken in Worte und ich bin dankbar. „Danke, Gott, dass du uns inmitten des Alltags erinnerst, dass es einen Himmel gibt, der dem Leben Weite und Würde verleiht und am Ende der Zeit über allen aufgehen wird. Danke, dass eine Ahnung vom Himmel schon heute da ist. Dort,

wo Liebe uns ansieht, wo Schönheit uns anrührt, wo Güte aufstrahlt. Amen!“

Zuerst erschienen im TOP Hiwil Ende April 2023

Den Himmel mit einem anderen Blick sehen