Wenn die ersten Kastanien am Boden liegen, weiss jeder: Jetzt ist wieder Herbst. Auch der Kirchenhügel wird übersät sein von Kastanien. Waren Sie auch schon dort und haben eine mitgenommen und sie sich genau angeschaut?

Mich faszinieren diese Früchte. Von aussen sind sie stachelig, unscheinbar grün-braun, manchmal kaum zu entdecken auf dem Baum. Und innen sind sie wunderschön, glänzend, einzigartig. Wer nicht intensiver die Schale begutachtet und den „Kern“ entdeckt, der verpasst etwas.

Durch die Hülle sind die Kastanien vor dem Fall gut geschützt. Einen solchen Schutzmantel, der unseren Fall abbremst, der äussere Einflüsse von uns abhält, kann jeder brauchen. Vielleicht ist es einfacher damit in unserer Welt zu bestehen. Doch einen grossen Nachteil hat dieser stachelige Mantel: er verhindert, dass wir einander zu nahekommen. So bleibt jeder für sich. Den einen ist das Recht, sie sind froh oder es ist ihnen egal, ob wir uns mit Stacheln umgeben oder nicht. Andere nehmen nur die Stacheln der anderen war, das was sie verletzt, sie sehen jede Aktion als stacheliger Angriff gegen sich selbst. Manchmal bauen Menschen sich auch selbst eine stachelige Schutzhülle, um nicht verletzt zu werden, um nicht wieder enttäuscht zu werden, aus Frust oder vielleicht aus Resignation.

Den Kern können oder wollen wir oft gar nicht sehen, den Menschen, der unter der Schale steckt, wundervoll und einzigartig gemacht von Gott unserem Schöpfer, dem Ursprung des Lebens. Wie schön wäre es, wenn wir uns gegenseitig als wunderschöne Kastanien kennen- und schätzen lernen; dass wir tiefer bohren und beginnen, mit dem Herzen zu sehen und nicht nur mit den Augen.

Das kann Zeit kosten; manchmal auch schmerzhaft sein. Aber es lohnt sich: für einen selbst und für das Gegenüber! Denn in jedem Menschen steckt doch irgendwo der Wunsch nach Freisein: nicht mehr eingeengt sein, so sein zu dürfen und zu können, wie man ist.

Als Gott den Menschen schuf, sprach er: „Das ist mir sehr gut gelungen!“ Sehen auch wir unsere Mitmenschen als Meisterstück Gottes, so wunderschön und einzigartig wie die Frucht der Kastanie, die befreit ist aus dem stacheligen Mantel.

Zum Schluss noch ein Tipp von mir: Wenn Sie in den nächsten Tagen eine Kastanie sehen, packen Sie sie doch ein als Erinnerung!

Zuerst erschienen im TOP Hiwil Ende September 2022

So wundervoll wie eine Kastanie